Zukunft angesichts der ökologischen Krise Theologie neu denken

Wir leben in Zeiten existenzieller und weitreichender ökologischer Krisen. Das wirft auch neue theologische Fragen auf: In welchem Verhältnis steht der Mensch zur Mitschöpfung?

Zu dieser Frage hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) einen Sammelband herausgegeben. Der Sammelband beleuchtet aus verschiedenen Perspektiven, wie Theologie angesichts dieser Herausforderungen neu gedacht werden kann. Dabei wird unter anderem deutlich, dass eine Abkehr vom Anthropozentrismus hin zu einem Verständnis der Schöpfung, das um die Vernetztheit allen Lebens weiß, dringend nötig ist.

Hier folgen einige ausgewählte und gekürzte Zitate und Passagen:

Das moderne Zeitalter, das durch die Machtergreifung des Menschen über die Kräfte der Natur bestimmt war, geht zu Ende. Das Naturverständnis und das Menschenbild wurden von der modernen Theologie bestimmt. »Wir brauchen ein neues Naturverständnis und ein neues Menschenbild und damit eine neue Gotteserfahrung in unserer Kultur.«

Wir brauchen ein neues Menschenbild, das die Arroganz des Herrschers über die Natur hinter sich lässt. Diese Aufforderung richtet sich auch an ein theologisch begründetes Selbstverständnis des Menschen als „Bewahrer der Schöpfung“.

Moltmann: »Bevor wir Menschen die Erde bebauen und bewahren oder eine Schöpfungsverantwortung übernehmen, sorgt die Erde für uns. Nicht uns ist die Erde anvertraut, sondern wir sind der Erde anvertraut. Der Mensch ist weder Herrscher über die Natur noch ein Subjekt, das ihr gegenübersteht, sondern ganz und gar Teil der Natur.

Während es früher darum ging, die Erde untertan zu machen, ist es nun an der Zeit, die Heiligkeit der Erde neu zu würdigen und den Menschen wieder als Teil der Erdgemeinschaft zu verstehen.

Die moderne Theologie geht von einer fundamentalen Unterscheidung von Gott und Welt aus. Damit wurde die Welt quasi entgöttert und radikal säkularisiert. Der strikte Theismus verbannte Gott in die Transzendenz, um gleichzeitig die Welt zu einem transzendenzfreien Raum für den Menschen zu machen. »In letzter Konsequenz wurde in der Theologie der Moderne Gott weltlos gedacht, um die Welt gottlos zu beherrschen und ohne Gott in ihr zu leben.«

Spiritualität wurde vor allem als etwas Seelisches verstanden, das sich auf das Jenseits ausrichtet. Damit wurde die Erde entwertet als ein Jammertal, aus dem die Menschen irgendwann in den Himmel – ihre wahre Heimat – zurückkehren. Statt einer Jenseitsspiritualität brauchen wir eine Diesseitsspiritualität.

Und wir brauchen ein neues Denken, weniger ein Denken in Subjekt-Objekt-Kategorien, sondern ein integrierendes Denken, ein teilnehmendes Denken. Nicht erkennen, um zu beherrschen, ist hier gemeint, sondern erkennen, um teilzunehmen und die wechselseitigen Beziehungen des Lebens zu erspüren. Denn Leben ist vor allem Beziehung.

Die Weltreligionen sollten sich zu Erdreligionen weiterentwickeln. Sie können viel von den Naturreligionen lernen, denn sie sind alle noch zu stark anthropozentrisch und jenseitsorientiert geprägt. Sie haben die Erde zur Fremde gemacht und haben ihren jenseitigen Trost mit der Negation des irdischen Lebens bezahlt. Sie sind damit selbst zu Faktoren der ökologischen Krise der Gegenwart geworden.

Sie müssen mehr »Ehrfurcht vor der Erde« entwickeln. Und sie brauchen eine radikale Umkehr in ihrem Handeln. Moltmanns größte Sorge ist, dass gerade die evangelische Kirche an ihrer eigenen Harmlosigkeit zugrunde geht: »Ein Glaube, der nichts fordert, der tröstet auch nicht.«

ISBN 978-3-374-07048-0
Preis 25,00 €
https://www.ekd.de/oekologische-krise-72598.htm

Buch als PDF (kostenlos):
https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/zukunft-oekologische-krise-2022.pdf